IMG_20140302_172350Ich kann nicht leugnen, dass das Gefühlschaos der ersten Woche in Peking vor allem von der Sehnsucht nach Hause geprägt war. Die ersten Tage allein in einer fremden Stadt mit fremden Menschen, einer fremden Sprache, fremdem Essen und so ziemlich Allem, was noch so fremd sein kann, waren durchaus hart. Sowohl körperlich anstrengend, gebeutelt vom Jet Lag, von vielem Laufen und Arbeiten, als auch psychisch belastend, erwies sich die Ankunft als so wild wie erwartet. Glücklicherweise hatte ich nur selten Zeit über alles nachzudenken, denn schon am Tag meiner Landung musste ich arbeiten. Zuvor jedoch stand ein Treffen mit einem Agenten einer Wohnungsvermietung an, der mich mit einer Kollegin freundlicherweise vom Bahnhof abholte, zu dem ich mit dem Aiport Express vom Flughafen gelangt war. Mit zwei Motorrollern, meinen zwei dicken Koffern und mir düsten wir kurzerhand durch die Straßen, die für die nächsten sechs Monate mein zu Hause sein sollen. Geplant war, dass ich bis der Agent eine geeignete Wohnung für mich hat, in einem Hostel übernachte, doch das war gar nicht nötig. Er brachte mich direkt zu einem Wohnhaus und in eine passende, schnuckelige Wohnung, dessen Zimmerausblick das gelbe Bild zeigt. Mein Mitbewohner ist ein Chinese aus Harbin, der einige Zeit in Kanada gelebt hat und deswegen ziemlich gut des Englischen mächtig ist. (Meine Chinesischkentnisse verstecken sich zur Zeit noch ehrfürchtig vor der Wucht der Fremde) So zog ich am ersten Tag schon in eine WG. Anschließend noch schnell zur Polizei, dort meine vorübergehende Wohnhaft melden und schon ZACK ins Büro.

Mein Praktikumsplatz ließ sich nicht leicht finden. Nahe der Verzweiflung holte ich schließlich doch mein Chinesisch hervor und fragte nach dem Weg und siehe da, keine 45 Minuten später hatte ich das Büro von G2S Creative Workshop gefunden! Ein kleines Hinterhofgebäude in mitten unzähliger Hutongs, den kleinen traditionellen chinesischen Stadthäusschen. Und auch nach der Ankunft hier blieb mir keine Zeit für die Ankunft. Es ging sofort los mit dem ersten Projekt: Eine Werbeanzeige in einer Zeitung fürs Flugzeug (Man beachte, ich hatte seit dem Verlassen eben diesen Gefährts keine Gelegenheit zur Ruhe, während des fast neunstündigen Fluges hatte ich zwar etwas geschlafen, dennoch war ich jetzt mehr als 12 Stunden auf den Beinen) Um 18.30 Uhr durfte ich dann in Richtung Bett aufbrechen, auf dessen futonharter Matratze ich nach kurzem Kontakt nach Hause auch einschlief.

 

IMG_20140302_172803Die nächsten Tage waren eine wilde Auf- und Abfahrt meines Gemütszustandes und meiner täglichen Erlebnisse. Zunächst wollte die Umgebung erkundet werden. Ein erster Überblick über das, was meinen Alltag maßgeblich bestimmen wird die nächsten Monate lang. Da ist der Weg zur U-Bahn von meiner Wohnung, gute 20 Minuten. Durch die Hutongs, die schon morgens nach Fritiertem duften und abends aus den öffentlichen Toiletten nach Fusion riechen. Da ist die große Hauptstraße, an der sich wohl eine von Pekings bester Restaurantmeilen labt und da ist CapitaLand, eine gigantische Einkaufsmall gegenüber, die dem Sozialismus ganz offen den Mittelfinger zeigt. Es folgten die ersten Konfrontationen mit fremdem Essen (das im Moment noch eine Hintergrundrolle für mich spielt, trotz meiner großen Vorliebe für die asiatische Küche, bin ich noch nicht so in Experimentierlaune) und die Kollision mit der Internetzensur! Glücklicherweise ist Internet selbst keine Mangelware und wird sogar draußen nahezu lückenlos als HotSpots angeboten. Außerdem konnte ich ja dank Skype und WhattsApp mit meinen Liebsten kommunizieren. Und wer einen Blog hat, wer braucht da noch Facebook? Trotzdem erwies sich die Blokade einiger Seiten, wie zum Beispiel auch YouTube, bei der Recherchearbeit im Büro als knifflig. Mal sehen wie das weitergeht...

Zusammenfassend lässt sich sagen, bin ich nach gut einer Woche angekommen. Ich habe meine erste Wäsche gewaschen, habe gekocht und sogar schon sauber gemacht, gearbeitet und ein wenig die Stadt erkundet, denn nach drei Tagen Arbeiten hatte ich glücklicherweise, wie es der Zufall wollte, drei genüssliche Feiertage, an denen ich genug Zeit hatte, mir über einiges klar zu werden. Sicherlich fühle ich mich hier wohl, gerade in meiner Wohnung, die zwar etwas zu teuer ist, aber sofort mein Refugium geworden war. Und auch die Menschen sind durchweg herzlich, sowohl in der Agentur, als auch Außerhalb, wie mein Mitbewohner. Ich konnte gut und gerne Alles an mich heranlassen und ich hatte so gut wie keine Berührungsängste. Die einzige Angst, oder besser Unbehagen, war die Berührung nach Hause, nach Berlin loszulassen. Und nachdem ich in den ersten Tagen aus den Koffern lebte, weil noch nicht sicher war, dass ich in dieser Wohnung bleibe, musste ich mir eingestehen, war der Hauptgrund fürs Nichtauspacken, dass ich erst akzeptieren musste länger hier bleiben zu werden, als nur für einen Urlaub. Jetzt sind die Schränke meines Zimmers voll und meine Koffer leer. Jetzt bin ich da. Jetzt geht es los.